junge Welt - 17.06.2001
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Der Weg von Los Pozos

Am 9. Februar diesen Jahres wurde zwischen der Regierung Pastrana und den FARC das Abkommen von Los Pozos unterzeichnet. Das Dokument greift in 13 Punkten die größten Hemmnisse des Dialoges mit der Regierung auf und soll so der Ausgangspunkt für Gespräche auf einer neuer Ebene werden. Beide Seiten brachten während der Verhandlungen ihren Willen zum Ausdruck, den Friedensprozeß weiterzuführen, in dem es um die Lösung des Konflikts auf dem Wege des Dialogs geht. Das Ziel ist ein starkes Kolumbien, in dem die soziale Gerechtigkeit keine Worthülse ist.

Manuel Marulanda und das Sekretariat des Zentralen Generalstabes der Guerillaorganisationen bewiesen, daß sie nicht nur die Kriegskunst beherrschen, sondern daß sie auch erfahrene Politiker sind und die Fähigkeit besitzen, ein Klima zu schaffen, das eine positive Auswirkung auf die unmittelbaren und zukünftigen Geschicke der Nation hat. Die Vorschläge, die am 17. Januar den Mitgliedern der Nationalen Dialogtische und des Thematischen Komitees vorgestellt wurden, bildeten das Ende einer langen Reihe von politischen und diplomatischen Aktivitäten, die der Regierung deutlich machten, daß sie mit der Erpressung gegenüber den FARC-EP keinen Erfolg hatte.

Präsident Pastrana verstand die Botschaft, und mit einer staatsmännischen Geste faßte er den Entschluß, die Guerillaführer in der entmilitarisierten Zone am ständigen Sitz des Dialogs, Villa Nueva Colombia im Ortsteil Los Pozos der Gemeinde San Vicente del Caguán, Departement Caquetá, aufzusuchen.

Präsident Pastrana und Comandante Marulanda definierten Errungenschaften und Schwächen des bis heute zurückgelegten Weges und machten deutlich, daß die Bemühungen um eine nationale Versöhnung nicht aufgegeben sind. Sie stimmten darin überein, daß es wichtig ist, in den Diskussionen über die Mechanismen zur Ausschaltung des Paramilitarismus und zur Verringerung der Intensität des Konflikts voranzukommen.

Die Blockierung des Dialogs wurde durch das Abkommen überwunden, es wurden Kommissionen geschaffen, die bei der Klärung beunruhigender Situationen helfen. Die Parteien und politischen Bewegungen wurden nach diesen Gesprächen zu einem Treffen in Los Pozos eingeladen, damit sie der Entwicklung zu Dynamik verhelfen. Man ging noch weiter und richtete die Einladung an alle Persönlichkeiten und nationalen Organisationen, die sich noch skeptisch verhalten, wenn es um den Meinungsaustausch über den Beitrag aller Kolumbianer zur nationalen Versöhnung geht.

Dabei wurde der Beitrag definiert, den die internationale Gemeinschaft zum Frieden zwischen den Kolumbianern leisten kann, und es wurden Mechanismen geschaffen, um sie auf dem laufenden zu halten, beispielsweise wird es regelmäßige Einladungen nach Los Pozos geben, um die erreichten Fortschritte zu erörtern.

Auch wurde klargestellt, daß sich die FARC nicht gegen die manuelle Beseitigung und Bekämpfung illegaler Anpflanzungen wenden, daß das aber in Übereinkunft mit den Gemeinden erfolgen muß, die zu dieser Form des Überlebens gezwungen werden. Die Regierung und die FARC stimmen darin überein, daß dem Schutz und der Wiederherstellung der Umwelt strategische Bedeutung zukommt. Beide Seiten riefen ganz Kolumbien dazu auf, sich für den Friedensprozeß zu engagieren.

Man kann neuen Atem schöpfen, aber die Gefahren, die den Prozeß bedrohen, sind noch nicht gebannt. Dessen sind sich die FARC bewußt und hoffen, daß auch die Regierung, die internationale Gemeinschaft und die fortschrittlichen Kräfte, die den Prozeß begleiten, das so verstehen. Für den Augenblick sind die reaktionären Kräfte auf nationaler Ebene gezwungen, ihre Krallen zu verbergen, die sie während dieser zwei Jahre laufenden Gespräche immer wieder gezeigt haben. Sie wissen, daß sie eine Schlacht verloren haben und sind auf der Lauer in Erwartung einer günstigeren Gelegenheit, die sie herbeiführen werden, indem sie auf die Provokation, ihre bevorzugte Waffe, zurückgreifen.

Aber sie werden auch weiterhin den Paramilitarismus und mit ihm eine Art vorbeugender Konterrevolution unterstützen, die sich faschistischer Machtmechanismen bedient. Unterstützung erfährt der Paramilitarismus nicht nur seitens des Staates, sondern auch durch Teile des Finanzkapitals, Großgrundbesitzer, Mitglieder der Liberalen und der Konservativen Partei und Kreise der kleinbürgerlichen Intelligenz, vermengt mit der Drogenmafia, die den Militärapparat des Staates mit dem Versuch in ihren Dienst stellen, das Vordringen der Guerillabewegung aufzuhalten. Diese innere kolumbianische Reaktion fühlt sich durch die politische, ökonomische, militärische, diplomatische und moralische Hilfe ermuntert, die ihr von ihren Gesinnungsgenossen in den USA zuteil wird mit dem jetzt der Kritik ausgesetzten, aber nicht von der Tagesordnung genommenen Kolumbienplan - unverhüllter Ausdruck der Einmischung der Gringos in die inneren Angelegenheiten eines Landes, das angeblich souverän ist.

Die Aufgabe der Gegenwart ist, die militärische Komponente dieses Planes zum Scheitern zu bringen. Bisher haben die Rundreisen hoher Funktionäre der vorigen USA-Regierung für die Formierung einer multinationalen Interventionsstreitkraft, die direkt in Kolumbien eingreifen soll, keinen Erfolg gehabt, weil sich die lateinamerikanischen Regierungen mit Ausnahme der ecuadorianischen nicht in diese gefährliche Situation hineinziehen ließen.

Der ungewöhnliche kolumbianische Friedensprozeß zieht die Aufmerksamkeit der Europäischen Union auf sich, die die besonnenen Vorschläge der FARC-EP hoch einschätzt, was die Ersetzung und manuelle Vernichtung der Drogenkulturen betrifft, die im Entwurf des Pilotplanes für Cartagena del Chairá enthalten sind. Diesem Beispiel sollten die USA folgen, denen die Legalisierung der Droge vorgeschlagen wurde, als Mittel, um die skandalösen Gewinne zu kürzen und die Händler zu demotivieren. Die Europäer und die lateinamerikanischen Regierungen sehen, daß Abkommen wie das von Los Pozos nicht nur zur Versöhnung unter den Kolumbianern beitragen, sondern daß die ganze Menschheit Nutzen haben kann, wenn sie ernsthaft an der Lösung eines Problems arbeitet, das nicht nur ein kolumbianisches ist, wie der Drogenhandel, den die USA im politischen Interesse gegen die FARC benutzen. Solange die USA auf ihrer starren Position der Hilfe für die innere Reaktion beharren, wird die Konfrontation alle Bereiche umfassen, obgleich die FARC-EP den Dialog vorziehen.

Und dazu ermuntert uns jetzt die Anwesenheit enthusiastischer internationaler Unterstützer, die im Gegensatz zu den USA an den Prozeß glauben und ihn begleiten wollen, wie sich bei dem Treffen der Dialogtische mit den Vertretern von 28 Ländern am 8. März in Los Pozos zeigte, bei dem die Respektierung der Souveränität und Selbstbestimmung Kolumbiens an erster Stelle stand.

 

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