Sondernummer einer deutschsprachigen kolumbianischen Zeitschrift der Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens - Armee des Volkes (FARC-EP)
Nr 00, Januar 2000

Unsere Geschichte

Marquetalia - Symbol des Widerstandes

In Kolumbien bestand schon lange vor der Erhebung der Guerilla eine große Unzufriedenheit unter der ländlichen Bevölkerung mit ihrer sozialen Lage. Unter dem Kommando von Oberst Hernando Currea Cubides, Kommandeur der sechsten Brigade der kolumbianischen Armee, wurde daher vor 35 Jahren der Plan LASO (Latin American Security Operation) gegen die Gebiete ländlicher Selbstverteidigung in Kolumbien in die Praxis umgesetzt. Dieser Plan - auch bekannt als Öldoktrin der Nationalen Sicherheit" - beinhaltete die konkrete Umsetzung des Programms zur militärischen Hilfe der USA für Lateinamerika und charakterisierte die Rahmenbedingungen der neuen militärischen Strategie der Vereinigten Staaten in den siebziger Jahren. Ausgangspunkt war die Militärschule "de las Americas" mit Hauptsitz in Panama. Der Plan stellte eine Ergänzung der sogenannten "Allianz für den Fortschritte zwischen den Vereinigten Staaten und einigen lateinamerikanischen verbündeten Regierungen dar. Das erbe militärische Ziel hieß Marquetalia.

Die Besetzung des Ortes begann mit der Bereitstellung von 16 000 bewaffneten Männern, ausgestattet mit modernem Kriegsgerät wie Hubschraubern, unterschiedlichen Aufklärungs- und Kriegsflugzeugen, die von den Vereinigten Staaten zur Verfügung gewellt wurden. Auch führten sie Ausrüstung mit, um die Belagerung in den Gegenden der Verwaltungsbezirke Huila, Valle del Cauca und Sur del Tolima auszudehnen, mit dem Ziel, den Belagerungsring bis zur Eliminierung der ländlichen Oppositionszentren einzuengen.

Die Marquetalianos arbeiten für ihren eigenen Lebensunterhalt. Um ihre Lebensbedingungen zu verbessern, belieferten sie zudem die Ortschaften in der näheren Umgebung, wie z.B. Gaitania, Planadas und Neiva. Einige Marquetalianos gehörten der Verwaltung zur Verbesserung des öffentlichen Lebens an, andere arbeiteten in der Kommission für die Vorbereitung zum Bau öffentlicher und geistlicher Bauten.

Alles, worum sie zu jener Zeit die Regierung baten, war materielle Hilfe für den Fortschritt in der Region, Kredite zum Wohle der gesamten Gemeinschaft und Garantien gegen die Aktionen regiona-len Machthaber und ihrer "pajaros" (Auftragskiller, wörtl.: "Vögel" ), die die Aggressionen gegen die Bewohner dieser Zone nicht einstellten.

Trotzdem entschied sich die Regierung durch Waffengewalt das zu liquidieren, was sie als "kommunistischen Herd von Maquetalia" beurteilte. Für sie war das, was dort existierte, Subversion, fremde Ideen und Banditen, die es galt, im Namen der "Demokratie" und der Verteidigung der In-stitutionen" zu vernichten. Diese Entscheidung teilten Parlamentarier, unter ihnen Alvaro Gomez Hurtado, ein Führer während der großen Auseinandersetzungen gegen die selbstdeklarierten nun abhängigen Republiken", die der Rechtfertigung der Aggression dienten.

Verschiedene demokratische Gruppen und Persönlichkeiten des Landes wandten sich gegen die Operation "Maquetalia": Kurz vor Ausbruch des Konfliktes bot sich der Priester Camilo Torres als Vermittler für eine friedliche Lösung an, aber die militärischen Führer und die Hierarchie der Kirche stellten sich dem entgegen. Die Landbewohner verschiedener Regionen formierten sich, um einen anderen Ausweg, als die Konfrontation zu finden.

Eine Gruppe französischer Intellektueller unter Führung von Jean Paul Satre, Jaque Duclos und Simon de Beauvier wendeten sich mit einem Brief an die Regierung und solidarisierten sich mit den angegriffenen Bauern.

Trotzdem rief die Regierung den Krieg offiziell aus.

Die höchsten Militärs wurden umgehend autorisiert, die Gebiete um Marquetalia, Riochiquito und El Paro zu besetzen und all die Bewohner zu eliminieren, die der offiziellen Politik nicht folgten. In der Nähe von Planadas, in El Dorado, wurden Hunderte von Bauern, unter dem Vorwurf des "Banditentums" erschossen.

Die ursprünglich für drei Wochen geplante militärische Operation wurde zu einem Krieg, der nun über drei Jahrzehnte anhält.

Mit dem in die Aggression investierten Geld gegen die sogenannten "48 Männer von Marquetalia", hätte die Regierung die Lebensbedingungen der Bewohner dieser Region verbessern können und den Ortschaften Gaitania, Planadas, Sur de Ata, Santa Rita, Praga, Chapinero, San Luis, Aipesito, Organos, La Estrella und anderen Hilfe leisten können. Aber sie folgte den reaktionären Kräften und begann ein neues Kapitel der Gewalt, die wir heute in jedem Teil des nationalen Territoriums erleben.

Doch bald mußten sie das Ausmaß der Operationen erkennen. Die bewaffneten Verbände bereiteten ihre Antwort vor, sie evakuierten Frauen, Kinder und Greise und alle Familienmitglieder der Bauern, die nicht in der Lage waren zu kämpfen, in den Dschungel.

Währenddessen versuchten sich die Männer und Frauen in dieser Region zu einer mobilen Guerilla zu organisieren. Zur Unterstützung dieser Bewegung schickte die kommunistische Partei Jacobo Arenas, Mitglied des Exekutiv-Komitees, als politischen Kommissar, der sich zuvor zu einem der höchsten Führer der FARC entwickelt hatte, und Hernando Gonzales, Student an der Freien Universität und Mitglied der Kommunistischen Jugend, der ein Jahr später in der Region von Riochiquito in einem Hinterhalt fiel.

Am 20. Juli 1964 entwarfen die Kämpfer von Marquetalia unter Kampfbedingungen in einer beratenden Versammlung die ersten taktischen und strategischen Linien der mobilen Guerilla und entwickelten konkrete Pläne zur Weiterführung des Kampfes und des Beginns der Ausweitung in der Region. Gleichzeitig verabschiedete die Versammlung den "Agrarplan der Guerilla", der sich über die Jahre zu unserem heutigen Agrarprogramm entwickelte.

Bild

Anfang der 50er in Marquetalia (sitzend: FARC-EP-Kommandant Manuel Marulanda)

In diesem Programm ist der Kampf für eine revolutionäre Agrarreform verankert, die die Grundlagen des Eigentum der Latifundistas beseitigt, das Land den Bauern überträgt und dabei die Bedingungen für die ökonomische Nutzung garantiert. Außerdem wurde die Notwendigkeit des Schaffens einer einheitlichen Front aller demokratischen, progressiven und revolutionären Kräfte des Landes, um demokratische Veränderungen herbeiführen zu können, aufgezeigt.

Die Operation Marquetalia - gegen eine kleine Gruppe von Bauern, die zu den Waffen griffen, um sich zu verteidigen und mit Hilfe der Massen Bedingungen für eine Auseinandersetzung auf gleicher Ebene zu schaffen - entwickelte sich für die Herrschenden und die Regierung zu einem völligen Desaster.

Marquetalia wurde zur Bestätigung, daß es in unserem Land notwendig war, sich gegen solche Verbrechen der Zwei-Parteien-Regierung aus Liberalen und Konservativen zu organisieren und sich bewaffnet zu erheben, um so die Ziele eines demokratischen Zusammenlebens zu erreichen.

Inzwischen sind die fundamentale Bastion der politischen Opposition gegen das oligarchische Regime die von der Guerilla kontrollierten Berge. In diesen letzten Jahren wurden zwei ganze Generationen von populären Führern, die ihr Streben nach sozialem Wechsel und Veränderungen manifestierten, vom bewaffneten Apparat des Staates, der bei seiner schmutzigen Mordtätigkeit keine Waffenruhe gewährte, umgebracht.

Eben aus diesem Grunde bleibt der revolutionäre Guerillakampf ein wertvolles Instrument des Kampfes um demokratische Veränderungen in unserem Land. Und solange die Regierungen die Politik des "internem Krieges" weiter betreiben, wird er auch die einzige Möglichkeit bleiben.

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