Der revolutionäre Kampf ist kein Terrorismus
Der weltweite Kampf für unabhängige Staaten, für Gesellschaften ohne
Ausbeutung und Ausbeuter, mit sozialer Gerechtigkeit, mit Respekt vor den
Menschenrechten, dem Frieden, der Würde und der Souveränität der Völker, kurz
gesagt der revolutionäre Kampf ist in Anbetracht der Weltlage nicht nur
berechtigt, sondern notwendig. Die Vergangenheit hat gezeigt, daß der Kampf auch
weitergeht, wenn die Ziele erreicht sind, denn dann geht es um ihre Verteidigung
und Weiterentwicklung.
Die internationale Gemeinschaft wurde von der
aktuellen Regierung der Vereinigten Staaten nun vor die Wahl zwischen ihrer
Seite und dem Terrorismus gestellt. Dazwischen gibt es für George W. Bush
nichts. Diese Politik ist nicht nur unmoralisch, sie ist höchst verlogen. Ihr
Ziel ist nicht der Kampf gegen den Terrorismus, sie zielt auf die konsequente
Rückdrängung des Rechtes der Völker auf Selbstbestimmung, auf Rebellion,
Selbstverteidigung und Kampf um die Erfüllung elementarer Bedürfnisse.
Gerade
hatte der negative Einfluß nach dem Zusammenbruch des sogenannten
Realsozialismus nachgelassen. Gerade erst hatten weltweite soziale Kämpfe die
Theorie vom Ende der Geschichte und den fehlenden Alternativen zum Kapitalismus
widerlegt. Gerade hatte der Neoliberalismus immer offener die kapitalistischen
Widersprüche zutage treten lassen. Hunger und Armut wurden immer
offensichtlicher, auch in den Industriestaaten. Es wurde deutlich, das Gewalt,
vor allem soziale Gewalt, ein dem System eigenes Mittel ist.
Gerade nahm die
internationale Protestbewegung zu und wurden die Forderungen nach einer
Gesellschaft lauter, die den Bedürfnissen der Menschen gerecht wird, nicht nur
auf wirtschaftlichem, sondern auch dem politischen, sozialen und kulturellen
Feld.
Just in diesem Moment rasten zwei Passagierflugzeuge in das World Trade
Center in New York. Und damit wurde der US-Regierung der Handlungsfreiraum
gegeben, die Stimmung in der Bevölkerung zu manipulieren, um ihre
internationalen Ziele gegen alle Widerstände zu erreichen. »Wer nicht für uns
ist, ist gegen uns«, hatte George W. Bush erklärt. Dieses Denken zeigt auf, was
auch die sozialen Bewegungen in den kommenden Jahren erwartet.
Die Rechte auf
Selbstbestimmung werden mit der Zunahme des Einflusses der USA und ihrer
Verbündeten massiv eingeschränkt werden, militärische Lösungen werden
politischen vorgezogen werden, die inneren Sicherheitsorgane werden mehr
Befugnisse zugebilligt bekommen. Wenige Monate nach dem 11.September wird
deutlich, daß sich nach dem sozialen auch das politische Klima massiv
verschlechtern wird.
Jeglicher sozialer Protest oder nur Widerspruch wird
künftig als Terrorismus oder Unterstützung von Terrorismus gelten. Mit einem
Federstrich sind auch von Gegnern – unter anderer Terminologie freilich –
anerkannte Theorien, wie die des Klassenkampfes, weggefegt worden. Die sozialen
Gegensätze sind auch weiterhin der Motor der Geschichte. Und die sozialen
Gegensätze nehmen spürbar zu.
Alle Oppositionellen, die sich also gegen die
herrschende Politik wenden, werden künftig zu Terroristen erklärt. Zugleich ist
der Kampf aber mehr denn je die einzig verbleibende Option. Ohne ihn werden die
Lebensmöglichkeiten für den großen Teil der Menschheit in kürzester Zeit massiv
eingeschränkt werden. In weiten Teilen der Erde wird es sogar unmöglich sein zu
überleben.
Der offiziellen Geschichtsschreibung nach ist Kolumbien eine der
ältesten und gefestigtsten Demokratien des lateinamerikanischen Kontinents. Das
wird damit begründet, daß demokratische Wahlen seit Mitte des 19. Jahrhunderts
durchgeführt werden. Mindestens ebenso alt ist aber die Geschichte von
Massakern, Morden, Vertreibung im Land und aus dem Land heraus ins Exil.
Jeglicher Versuch der Gegenwehr oder der Organisierung wurde schon immer
bekämpft durch diesen scheinbar demokratischen Staat mittels des Terrors seiner
Armee oder paramilitärischer Banden.
Sie haben den Grundstein für die Gewalt
in Kolumbien gelegt. Die repressive Politik läßt sich über die verschiedenen
Regierungen hinweg verfolgen, unabhängig davon, ob unter konservativer oder
liberaler Kontrolle. Die Oligarchie folgt seit jeher den Befehlen der
Gringos.
In Anbetracht dieser Umstände bleibt neben dem Kampf um die Rechte
der Kolumbianerinnen und Kolumbianer keine weitere Option. Wenn dieser Kampf für
ein »Neues Kolumbien« nicht auf dem legalen Weg gefochten werden kann – und
Versuche dafür gab es zuhauf –, bleibt eben nur der bewaffnete Widerstand. Seine
Legitimität schöpft sich aus den Bedürfnissen der Mehrheit des kolumbianischen
Volkes.
Aus diesem Selbstverständnis leitet sich auch die Politik der FARC-EP
gegenüber den Nachbarländern ab. Weil wir für die Selbstbestimmung des
kolumbianischen Volkes kämpfen, setzen wir auf gute Beziehungen zu den
Nachbarstaaten. In der Konsequenz bleiben militärische Operationen von
Territorium angrenzender Staaten aus untersagt. Jegliche Zuwiderhandlung würde
disziplinarische Maßnahmen innerhalb der Organisation nach sich ziehen. Das ist
in Anbetracht dessen wichtig zu erwähnen, als der Kampf der Guerilla in
Kolumbien von den USA und ihren Verbündeten als Gefahr für die Region
dargestellt wird.
Es bleibt also unabdingbar, den revolutionären Kampf vom
Terrorismus zu unterscheiden, besonders von dem, was die USA als Terrorismus
bezeichnen. In Kolumbien jedenfalls legitimieren die wirtschaftlichen,
politischen und sozialen Umstände den revolutionären Kampf nicht nur, sie machen
ihn absolut notwendig.
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