Deutschsprachigen kolumbianischen Zeitschrift der
Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens - Armee des Volkes (FARC-EP).-
08.08.2001.-Nr 23 (März - Juni 2000)
Editorial
Das Schicksal Kolumbiens Nur wenn die Regierungen die Rechte der Völker respektieren, herrscht Frieden. Doch wirklicher und dauerhafter Frieden bedeutet, die Würde, Souveränität und freie Selbstbestimmung zu achten und gleichzeitig für eine gerechte Verteilung der Reichtümer zu sorgen. Das Volk ist Herr seiner Geschichte und seines Schicksals. Jeder Versuch, es daran zu hindern, verletzt seine Ehre. Eine offene oder verdeckte Einmischung in die inneren Angelegenheiten eines Volkes bedeutet, sich an dem Krieg zu beteiligen und ihn zu schüren - mit allen Gefahren und Konsequenzen. Intervention kann man nicht beschönigen, denn ihre Ziele sind klar: Unterwerfen, um zu herrschen und der Mehrheit mit Gewalt die Interessen einiger weniger aufzuzwingen. Der Friedensprozeß, an dem wir bisher erfolgreich arbeiten, darf nicht weiter durch soziale ökonomische, politische und militärische Konfrontation beschmutzt werden. Es ist dringend erforderlich, eine Kultur des Friedens zu schaffen, um das große Unterfangen eines »neuen Kolumbiens« zu fördern, eines Kolumbiens mit sozialer Gerechtigkeit. Ausgehend von der Erkenntnis, daß das Schicksal Kolumbiens nicht der Krieg sein kann, ist es notwendig, die Profiteure des Krieges für immer in ihre Schranken zu weisen. Am 27. Mai 2000 begingen die Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens- Armee des Volkes, FARC-EP, den 36. Jahrestag ihrer Gründung. 36 Jahre harter, entschlossener und schwieriger Kämpfe um Freiheit, Recht, Würde und um die wirkliche Unabhängigkeit des kolumbianischen Volkes. Seit ihrem Erscheinen auf der politischen Bühne im Jahre 1964 haben die FARC-EP ihr politisches Ziel klar definiert: der Kampf für einen dauerhaften Frieden in sozialer Gerechtigkeit. Zweifelsohne haben Hunger, Arbeitslosigkeit, hohe Steuerlasten, Wohnungsnot, das Fehlen von Freiheit, wirksamer und kostenloser Gesundheitsbetreuung sowie das unzureichende Bildungswesen zu dieser Volkserhebung geführt. Die Aktionen der Guerilla nehmen im gesamten Land zu. In dem Maße wie die Probleme der von der Gesellschaft ausgeschlossenen Menschen nicht gelöst werden, unterstützen immer breitere Schichten der Bevölkerung in Land und Stadt die Guerillakämpfer der FARC-EP. Das sind die politischen Bedingungen, mit ihren Möglichkeiten und ernsthaften Problemen, die den Prozeß der Dialoge und Verhandlungen beeinflussen. Doch wo stehen wir in diesem Prozeß, und welche Chancen hat er? Nach den Jahren des totalen Krieges, nachdem die Kriegssteuer von der Regierung gesetzlich festgelegt und eingetrieben wurde, nach Drohungen sowie Aktionen zur Liquidierung der FARC-EP aus der politischen Landschaft durch die physische Vernichtung ihrer wichtigsten Führer mehren sich Gerüchte, daß nur die Regierung bereit wäre, mitten im Krieg den Dialog zu führen. Dafür habe sie eine Entspannungszone geschaffen, die Raum für Gespräche mit der Guerilla bieten solle. Im Verlaufe der Jahre wurden wir Zeugen jeden Typs von Gewalttätigkeiten gegen die unbewaffnete Zivilbevölkerung durch militärische Einheiten und die Polizei. Durch diese Gewalt gab es Tausende von Toten und Verletzten. Opfer waren vor allem Kinder, die nun keine Eltern und keine Zukunft mehr haben. Ungefähr zwei Millionen einfache Bauern wurden mit Gewalt von ihren Höfen verjagt und darüber hinaus eine große Anzahl ins Exil gezwungen. Nach Flächenbombardements, die auch Bauern töteten und ihre geringe Habe zerstörten, gedenken wir in tiefer Trauer der Guerilleras und Guerilleros, die ihr Leben im Kampf für den Frieden verloren, für soziale Gerechtigkeit, Freiheit und ein würdiges Leben für alle Armen und aus der Gesellschaft unseres Vaterlandes Ausgestoßenen. Während die Regierenden den Krieg gegen das Volk und der aus dem Volk entstandenen Guerilla forcierten, setzten sie gleichzeitig die Politik des Internationalen Währungsfonds und der Weltbank um (das neoliberale Modell mit seinem ökonomischen Terror), damit der Krieg dem Vorteil einiger weniger diente. Sie verwandelten unser Vaterland in einen großen Friedhof, auf dem in den letzten Jahren mehr als 30000 Menschen pro Jahr in Folge der verschiedenen Konfrontationen starben. In dieser Rechnung sind die Kinder und alten Menschen nicht mit eingeschlossen, die wegen fehlender staatlicher Fürsorge in Krankenhäusern und Kliniken starben oder weil sie kein Geld für Medizin oder für eine angemessene Ernährung hatten. Das, was bis heute geschehen ist, hat das Blut des Volkes gekostet, seiner besten Töchter und Söhne, unbekannter Patrioten. Es ist die Folge des zähen, beharrlichen und pflichtbewußten Kampfes eines ganzen Volkes, das den politischen Frieden ersehnt. Frieden im wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen und militärischen Sinn. Eine Gesellschaft mit sozialer Gerechtigkeit bedeutet wirklichen Frieden, den wir in Kolumbien erstreben. Ein Frieden, in dem die paramilitärischen Einheiten, die im Dienst des Staates, der großen Rinderzüchter, der Drogenhändler und Großgrundbesitzer, die sich widerrechtlich des Lebens der Armen, ihrer Habe, des Rechts und des kolumbianischen Bodens bemächtigen, keinen Platz haben. Der Dialog ist der Weg, um eine nationale Versöhnung zu erreichen, der zivilisierte Weg, um am Verhandlungstisch zu Vereinbarungen und Verpflichtungen zu gelangen, die es ermöglichen, den 18 Millionen in Elend lebenden Armen, den 18 Millionen Landsleuten, deren Leben in Gefahr ist, sozialen Frieden zu bieten. Die Gelder, die der Staat heute in den Krieg gegen das Volk investiert, sollten dafür verwendet werden, diese Situation des Elends und der Armut zu überwinden. Wir, die Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens - Armee des Volkes, messen der Hilfe der internationalen Gemeinschaft außerordentlich große Bedeutung bei. Wir schließen dabei keine Unterstützung aus, so klein sie auch sein möge. Natürlich machen wir uns Sorgen über Verwendung und Ziele möglicher Unterstützung. Denn ein großer Teil dieser Hilfe wird nach allen Erkenntnissen dafür verwendet, die Angriffskraft der kolumbianischen Armee zu stärken. Das erfolgt auf der Grundlage der durch die Regierung im plan Colombia konzipierten Ziele und Mittel. Wenn dem so ist, handelt es sich nicht um einen Friedensplan, sondern einen weiteren wohlkalkulierten Kriegsplan. |
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